Ich hätte nie gedacht, dass der Zufall so hart, so grausam zuschlagen könnte.
Acht Jahre waren seit seinem Verschwinden vergangen. Und plötzlich, auf einem Pfad im Central Park, zwischen dem Rascheln der Blätter und den hastigen Gestalten, erkannte ich Léo. Oder zumindest das, was von ihm übrig war.
Die Sonne neigte sich langsam über New York und warf goldenes Licht auf die leeren Bänke.
Ich war allein spazieren gegangen, bevor mein Flug nach Tokio startete, und hatte eine letzte Süßigkeit bei Sophie abgelehnt – einen simplen Zitronenkuchen, der plötzlich bedeutungslos wirkte.
Eine Intuition zog mich woanders hin, zu einer seltsamen Melancholie, die ich nicht benennen konnte.
Und dann war er da. Unkenntlich. Sein grau meliertes Bart, sein abgenutzter Mantel, seine Augen wie zwei bodenlose Brunnen. Mir blieb der Atem weg. Ich trat näher, ein Name auf den Lippen:
– Léo? 😯
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Langsam hob er den Kopf.
– Clara…
Dieses Flüstern durchbohrte mich. Es war wirklich er.
Wir suchten Zuflucht in einem kleinen, vergessenen Café im nördlichen Teil. So ein Ort, an dem Zucker auf den Tischen klebt und die Zeit stillzustehen scheint.
Dort, zwischen zwei Schlucken von heißem, bitterem Kaffee, erzählte er die Reste seiner Geschichte. Ein brutales Verschwinden, zwei Stunden vor unserer Hochzeit. Männer in seinem Zimmer, angeblich geschickt – sagte er – von meiner Mutter.
Schläge, Bewusstlosigkeit. Dann Leere. Monate des Umherirrens. Ein zerfetztes Gedächtnis, ein verschwommener Name: Clara. Nichts weiter.
Ich hörte ihm starr zu. Ein Teil von mir wollte an eine Intrige glauben. Der andere spürte schon den Schatten des Zweifels wachsen.
– Ich habe dich nie aufgehört zu lieben, sagte er schließlich. Ich wollte, dass du die Wahrheit weißt.
Zurück bei Sophie erzählte ich alles. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Also rief ich meine Mutter an. Ihre Stimme zitterte kaum.
– Ich wollte dich beschützen, sagte sie. Aber ich habe ihm nie etwas angetan. Ich habe ihm nur… einen Ausweg angeboten.
Sie hatte ihm Geld gegeben. Er hatte es angenommen. So jedenfalls ihre Version.
Da zerbrach alles. Die Vergangenheit. Die Erinnerungen. Die Liebe. Alles wurde instabil. Dann eine eiskalte Entdeckung: Meine Geldbörse war verschwunden. Meine Tasche, nur wenige Minuten unbeaufsichtigt auf der Bank. Leer.
Ich blieb lange sitzen, unfähig zu weinen. Ein Mann reichte mir ein Taschentuch.
– Geht es dir gut?
Ich lächelte gezwungen.
– Es wird schon gehen.
Ich werde nie wissen, was wirklich geschehen ist. Vielleicht haben beide gelogen.
Vielleicht auch keiner. Aber an diesem Tag habe ich etwas Wichtiges verstanden: Man kann nicht ewig im Labyrinth der Reue leben. Die Vergangenheit kann uns verletzen. Sie darf uns nicht verschlingen.
Also ging ich zum Flughafen, leicht von einem Schmerz, der endlich angenommen war. Bereit, ein neues Leben zu schreiben – ohne Geister.